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01. November 2008

»ÖKOmenische Sortentage in Nord- und Süddeutschland«

Michael Fleck. Die Gemeinsamkeit des in Verbänden (Bioland, Demeter, Naturland etc.) organisierten Öko-Landbaus wird allgemein unter dem Begriff der ÖKOmene zusammengefasst – eine gewisse Tradition hat der gemeinsame Auftritt eher im Süden als im Norden Deutschlands.

Dem erfolgreichen Beispiel Süddeutschlands folgend, fand am 26. August der erste norddeutsche ÖKOmenische Sorteninformationstag in der Gärtnerei Sannmann in Hamburg-Ochsenwerder statt. Vor mehr als sechzig Gärtnern aus Norddeutschland und Dänemark berichteten Gärtnermeister Thomas Sannmann und sein engagiertes Team von ihren langjährigen Anbauerfahrungen mit Tomaten-, Gurken-, Möhren-, Schnittlauch- und Feldsalatsorten.

Erhaltung bewährter samenfester Gemüsesorten … "Als Bio-Anbauer wollen wir Gemüse mit spezifischen, klar beschriebenen Eigenschaften anbieten, damit der Kunde aus dem Angebot seine Lieblingssorte wählen kann", sagt Betriebsleiter Thomas Sannmann.

In seinem Betrieb beschäftigt er sich seit über zwanzig Jahren mit der Erhaltung der Tomatensorte 'Vierländer Platte', und auch bei Möhren wird seit einigen Jahren mit Erfolg eigener Nachbau betrieben. So können die Wuchs- und Geschmackseigenschaften ständig verbessert und an die Anbauverhältnisse angepasst werden. Hobbygärtnern und -züchtern in den Vier- und Marschlanden empfiehlt der Demeter-Gärtnermeister, mit alten Obst- und Gemüsesorten wie 'Vierländer Blut', einer Rhabarbersorte oder 'Ruhm von Kirchwerder' (Apfel) zu arbeiten, damit hier möglichst viele traditionelle Sorte bestehen bleiben.

… und Entwicklung neuer Gemüsesorten Ein Beispiel für eine gelungene Neuzüchtungsarbeit von Kultursaat ist die Tomate 'Ruthje' von Züchterin Ulrike Behrendt, Oldendorf. Die Sorte 'Ruthje' wurde im Juli auf dem Tomatenfest in der Gärtnerei Sannmann vom Publikum beim Tomaten-Geschmackstest zur beliebtesten Tomate gewählt.

Sehr gute Erfahrungen liegen auch bei einer in Anmeldung befindlichen Kultursaat-Tomatensorte für den Intensivanbau vor (KS-RS 01). Diese für das Layersystem geeignete Sorte ist vom Typ Hellfrucht und wurde in der Gärtnerei Piluweri, Freiburg entwickelt. Beide Tomatensorten sind über die Bingenheimer Saatgut AG erhältlich.

"Die Gemüsezüchtung von Kultursaat e.V. ist dezentral aufgestellt: Auf etwa zwanzig Standorten arbeiten unsere Züchter on-farm, das heißt integriert in einem ökologischen Erwerbsgemüsebetrieb", so Michael Fleck, Geschäftsführer des Vereins. "Bewährte samenfeste Sorten erhalten, ohne die Entwicklung neuer – auch wieder samenfester – Sorten zu vernachlässigen, das ist unser Ziel. Sorten sollen Kulturgut bleiben, damit Gärtner und Landwirte zum Beispiel von den Patenten großer Konzerne unabhängig werden können."

Ablehnende Haltung zu Protoplastenfusion Auch der im Öko-Landbau derzeit intensiv diskutierte Umgang mit CMS-Hybriden aus Protoplastenfusion (PF) wurde thematisiert. Denn während bekannte und bewährte Sorten verschwinden, entstehen die neuen Sorten zunehmend durch fragwürdige Züchtungsmethoden. Insbesondere aus PF hervorgegangene Hybriden mit cytoplasmatisch vererbter Pollensterilität (CMS) gelten als ungeeignet für den Öko-Landbau. Die Generalversammlung des Weltdachverbandes IFOAM bestätigte dies zuletzt im Juni 2008 in Vignola/I.

Auf dem Obergrashof in Dachau waren beim ÖKOmenischen Sortentag am 2. Oktober die Schwerpunktkulturen Möhren, Wirsing, Blumenkohl und rote Salate.

Neben aussichtsreichen Kandidaten für den Waschenmöhrenbereich konnten die Teilnehmer sehen, was von Salaten immer wieder berichtet wird: Bestände vollresistenter Sorten waren teilweise zusammengebrochen während solche Sorten, die ohne Resistenzauslobung vertreiben werden, im Feld gute Ernteergebnisse zeigten. Diese so genannte Feldtoleranz ist für die nachhaltige ökologische Erzeugung von besonderer Bedeutung. Eindrucksvoll war auch das Engagement der Kultursaat-Züchter für samenfeste Blumenkohlsorten; angesichts der Tatsache, dass zurzeit nur noch jede vierte der zurzeit circa 600 in der EU zugelassenen (und damit verkehrsfähigen) Blumenkohlsorten samenfest ist, und PF im Kohlsortiment massiv Einzug hält, eine große Herausforderung. Bei beiden Veranstaltungen – im Norden wie im Süden – waren sich die Anwesenden einig, dass derartige Sortentage als ständige Einrichtungen zum allgemeinen Austausch und zur Erweiterung des Netzwerkes wichtig sind. Nähere Informationen zur biologisch-dynamischen Gemüsezüchtung unter www.kultursaat.org.